Metropole zwischen Nord und Süd – Alte Traditionen und junges Leben
Die Südtiroler Landeshauptstadt Bozen ist ein ganzjährig lohnendes Reiseziel: Umrahmt von Weinbergen, die Gipfel der Dolomiten praktisch direkt dahinter, hat die lebendige Stadt an der Schnittstelle von zwei Kulturen auch historisch und kulturell dem Reisenden viel zu bieten. Im Herbst kommt mit dem Törggelen ein alter Brauch als Argument für einen Abstecher nach Bozen und Umgebung hinzu.
Bozen liegt in einem weiten Talkessel. Die Hänge sind mit Reben bestanden, die ab Mitte Oktober die Gegend in beeindruckenden Farben von Gelb über Braun bis Rot erstrahlen lassen. Es ist die Zeit, wenn der „Nuie“ – der neue Wein – verkostet werden will. Nun sind es auch viele Einheimische, die bis in den November hinein dem alten Brauch des Törggelen in Bozens Umgebung frönen.
An einem klaren, sonnigen Herbsttag geht es mit der Seilbahn hinauf in luftige Höhen. Über bereits leicht verfärbte Weinberge hinweg, mit einem weiten Blick in den Bozener Talkessel fährt die Gondel mehr als 700 Höhenmeter hinauf nach Jenesien – die kurvenreiche Straße wird für den Rückweg aufgespart.
Die 3000-Einwohner-Gemeinde mit mehreren Ortsteilen liegt unterhalb des Hochplateaus Salten am Südhang des Tschögglbergs nördlich der Landeshauptstadt. Die nächsten Stunden gehören dem Salten. Das Hochplateau lädt zu ausgiebigen Wanderungen zwischen Weiden, intensiv genutzten Bergwiesen und zerstreut stehenden Lärchen ein.
Unterbrochen wird der Weg heute mehrfach durch die Einkehr in traditionelle Gasthöfe. Grund ist ein alter Brauch, der sich in der Region seit vielen Jahren hält: das Törggelen. Der vom lateinischen Wort für Weinpresse abgeleitete Begriff geht darauf zurück, dass sich nach den körperlichen Anstrengungen des Weinpressens zum Schmausen zusammengesetzt wurde. Die Helfer wurden eingeladen, den jungen Wein zu probieren.
Heutzutage ziehen Gruppen von Gasthof zu Gasthof und lassen sich neben dem Wein insbesondere deftige Speisen wie Kraut, Knödel und Geselchtes, Würste und Speck munden; auch gebratene Kastanien dürfen nicht fehlen.
Moderner und leichter – nicht nur bezüglich der Kost – geht es am nächsten Tag in Bozen zu. Bei einem Stadtrundgang wird die kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung der Südtiroler Landeshauptstadt deutlich, die an der Schnittstelle von Nord und Süd, mediterranem Flair und alpenländischem Charme liegt. Hier wird Deutsch und Italienisch, manchmal auch Ladinisch gesprochen; Studenten der Universität müssen ihre Prüfungen in Deutsch, Italienisch und Englisch ablegen.
Ein Spaziergang durch die mittelalterliche Altstadt mit ihren engen Gassen und Laubengängen hat nichts Altbackenes. Im Gegenteil: Märkte und Gastronomie, die eleganten Geschäfte und Boutiquen machen Bozen zu einer sehr lebendigen Stadt, die sich inzwischen im internationalen Tourismus einen guten Ruf erarbeitet hat. Dieser ist auch eng mit einem Namen verbunden: Ötzi. Die „Mumie aus dem Eis“, vor 29 Jahren an der italienisch-österreichischen Grenze auf einem Gletscher gefunden, zieht jedes Jahr einige Hunderttausend Besucher ins Südtiroler Archäologiemuseum..
Dieses widmet seiner Zeit, der Jungsteinzeit, viel Raum. Wer in der Geschichte nicht gleich 5000 Jahre, sondern nur bis ins Mittelalter zurückgehen möchte, liegt mit einem Abstecher zu Schloss Runkelstein am Stadtrand Bozens richtig. Dort thront sie trutzig 150 Meter über dem Tal. Außer mit Einblicken in die Lebensweise der Ritter lockt sie insbesondere mit einem umfangreichen profanen Freskenzyklus.